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Welche Anwendungsfelder gibt es für Künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung?

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und gesellschaftliche Relevanz

Die öffentliche Verwaltung steht in Deutschland vor tiefgreifenden strukturellen Herausforderungen. Der demografische Wandel, begrenzte finanzielle Ressourcen und ein zunehmender Mangel an qualifizierten Fachkräften führen dazu, dass Verwaltungen ihre Aufgaben unter immer anspruchsvolleren Rahmenbedingungen erfüllen müssen. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an eine moderne, effiziente und serviceorientierte Verwaltung. Diese Entwicklungen verdeutlichen den Handlungsdruck, bestehende Prozesse zu modernisieren und innovative Technologien einzusetzen, um die Leistungsfähigkeit langfristig zu sichern.

Künstliche Intelligenz (KI) ist in diesem Zusammenhang als Schlüsseltechnologie zu verstehen, die das Potenzial besitzt, Verwaltungsprozesse zu optimieren, Entscheidungsabläufe zu unterstützen und bürgernahe Dienstleistungen zu verbessern. Durch den gezielten Einsatz von KI können Routineaufgaben automatisiert, Arbeitsabläufe beschleunigt und Daten effizienter genutzt werden. Dadurch entsteht die Möglichkeit, Verwaltungsleistungen qualitativ zu verbessern und personelle Ressourcen gezielter einzusetzen.

Gleichzeitig gilt es zu betonen, dass sich nicht alle Aufgabenbereiche für den Einsatz von KI eignen. Viele Tätigkeiten werden – etwa aufgrund rechtlicher Vorgaben oder ihres Ermessenscharakters – weiterhin von Verwaltungsmitarbeitenden ausgeführt werden müssen. Umso wichtiger ist es, zu untersuchen, welche Aufgaben potenziell durch KI unterstützt oder übernommen werden können, um auf dieser Grundlage eine fundierte Bewertung möglicher Einsatzfelder innerhalb unterschiedlicher Behörden oder Verwaltungsebenen vorzunehmen.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es, theoretisch fundiert zu analysieren, welche Anwendungsfelder für Künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben werden. Die Arbeit soll einen systematischen Überblick über die Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten von KI im öffentlichen Sektor bieten und damit Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern eine Orientierung ermöglichen, in welchen Aufgabenfeldern sich eine Investition in KI besonders lohnen kann.

Um dieses Ziel zu erreichen, werden zunächst die grundlegenden Annahmen und theoretischen Prämissen des Einsatzes von KI im Verwaltungskontext dargestellt (Kapitel 2). Darauf aufbauend werden zentrale Anwendungsbereiche herausgearbeitet, in denen KI nach der Literaturrecherche zur Modernisierung der Verwaltung beitragen kann (Kapitel 3). Dabei werden zunächst Einsatzmöglichkeiten im Bürgerservice betrachtet, bevor anschließend Potenziale in der internen Verwaltung analysiert werden. Abschließend werden der Forschungsstand kritisch beleuchtet (Kapitel 4), bevor die zentralen Erkenntnisse im Fazit und Ausblick zusammengeführt werden (Kapitel 5).

1.3 Methodisches Vorgehen

Die Analyse basiert auf einer systematischen Literaturrecherche und einer theoretischen Auseinandersetzung mit dem Thema. Dazu wurden einschlägige wissenschaftliche Fachbücher, Artikel aus Journals sowie aktuelle Studien herangezogen. Die Recherche erfolgte unter anderem über akademische Datenbanken wie EBSCOhost, ScienceDirect, SpringerLink sowie Google Scholar.

Im Fokus stand die Identifikation relevanter theoretischer Konzepte sowie empirischer Studien, die Anwendungsfelder von KI in der öffentlichen Verwaltung adressieren. Die gesammelte Literatur wurde im Hinblick auf Forschungsfragen, Methodik und Ergebnisse kritisch analysiert, um eine Einordnung des Forschungsstandes zu ermöglichen.

1.4 Thematische Abgrenzungen

Diese Arbeit befasst sich ausschließlich mit den Anwendungsfeldern Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland. Nicht Gegenstand sind Prozesse der politischen Willensbildung oder Entscheidungsfindung. Ebenso werden privatwirtschaftliche Kontexte sowie internationale Vergleiche ausgeklammert. Darüber hinaus verzichtet die Arbeit bewusst auf Umsetzungsfragen – einschließlich detaillierter rechtlicher Prüfungen, organisatorischer Einführungsstrategien oder technischer Implementierungsaspekte. Spezifische Sektorenanwendungen, etwa im Bildungs-, Gesundheits- oder Verkehrsbereich, werden nicht vertieft behandelt, da der Fokus auf verwaltungsübergreifenden Einsatzfeldern liegt. Im Mittelpunkt steht stattdessen eine systematische Bestandsaufnahme und Strukturierung potenzieller Einsatzbereiche von KI, ohne deren konkrete Realisierung im Verwaltungsvollzug im Detail zu behandeln. Ziel ist es, den gegenwärtigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse zu erfassen und einzuordnen. Zukunftsszenarien oder spekulative Prognosen über künftige Entwicklungen werden ebenfalls nicht betrachtet; der Fokus liegt auf gegenwärtig identifizierbaren, bereits erforschten oder konzeptionell beschriebenen Anwendungsfeldern.

2. Theoretischer Rahmen und Grundannahmen

2.1 Begriff und Zielsetzung des Einsatzes von KI in der Verwaltung

KI ist ein vielschichtiger Begriff, der in der wissenschaftlichen Diskussion nicht einheitlich definiert ist. Grundsätzlich bezieht er sich auf informationsverarbeitende Systeme, die Aufgaben übernehmen können, für die bislang menschliche Denk-, Lern- oder Entscheidungsprozesse erforderlich waren. Im weiteren Sinne beschreibt KI die Fähigkeit technischer Systeme, komplexe Ziele selbstständig zu verfolgen und hierfür geeignete Handlungen abzuleiten. Diese Definition umfasst mehrere kognitive Funktionen wie Wahrnehmung, Lernen, Problemlösung und Entscheidungsfindung. Praktisch bedeutet dies, dass ein System als „intelligent“ gilt, wenn es seine Umgebung – etwa durch Sensoren oder Datenanalyse – erfassen, diese Informationen verarbeiten und darauf basierend zielgerichtet und rational handeln kann. KI zielt somit darauf ab, menschliche Intelligenz in ausgewählten Bereichen technisch nachzubilden oder zu ergänzen (Ertel, 2025, S. 1f; Djeffal, 2018, S. 6-8; Heine et al., 2023, S. 3f).

Ziel des Einsatzes von KI in der Verwaltung ist es, bestehende Prozesse zu unterstützen, zu beschleunigen und qualitativ zu verbessern. KI soll Verwaltungsmitarbeitende entlasten, indem sie repetitive oder regelbasierte Tätigkeiten automatisiert und dadurch Raum für komplexere Aufgaben schafft. Der Nutzen von KI liegt dabei weniger in der vollständigen Ersetzung menschlicher Arbeit, sondern in der Erweiterung menschlicher Handlungsmöglichkeiten. So kann KI beispielsweise helfen, große Datenmengen zu strukturieren, Prognosen zu erstellen oder Muster in Verwaltungsakten zu erkennen, die für den Menschen nur schwer erfassbar wären (Djeffal, 2018, S. 10; Wangler & Botthof, 2019, S.132f; Heine et al., 2023, S. 3f).

Im Unterschied zu privatwirtschaftlichen Anwendungsfeldern ist der KI-Begriff in der Verwaltung eng an rechtliche, ethische und gesellschaftliche Anforderungen gebunden. Verwaltungshandeln ist durch Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Transparenz, Gleichbehandlung und Nachvollziehbarkeit geprägt. Daher ist der Einsatz von KI hier stets normativ eingebettet: Entscheidungen müssen überprüfbar, Ermessensspielräume klar geregelt und Datenschutzanforderungen gewahrt bleiben (Djeffal, 2018, S. 13, 18; Hill, 2018, S. 290; Etscheid et al., 2020, S. 12ff).

2.2. Digitale Infrastrukturen und Datenräume als Grundlage

Damit KI in der öffentlichen Verwaltung wirkungsvoll eingesetzt werden kann, sind geeignete technische Infrastrukturen erforderlich, die den Zugriff auf qualitativ hochwertige, verknüpfbare und sicher verwaltete Daten ermöglichen. KI-Systeme benötigen große Mengen strukturierter und unstrukturierter Daten, um Muster zu erkennen, Prognosen zu erstellen und Entscheidungsprozesse zu unterstützen. Diese Daten entstehen zunehmend in digitalisierten Verwaltungsabläufen, aber auch durch Sensoren, smarte Objekte und cyberphysische Systeme, die physische Prozesse digital abbilden und steuern. Sie bilden die Grundlage für eine datengetriebene Verwaltung, in der maschinelles Lernen und automatisierte Entscheidungsfindung überhaupt erst möglich werden (Etscheid et al., 2020, S. 18ff).

Von zentraler Bedeutung ist die Etablierung von Datenplattformen und Datenräumen, die als technologische Basis einer KI-gestützten Verwaltung dienen. Datenplattformen bündeln Informationen aus heterogenen Quellen, standardisieren sie und stellen sie über Schnittstellen für weiterführende Systeme bereit. Sie fungieren damit als Vermittlungs- und Integrationsschicht zwischen Fachverfahren, externen Datenlieferanten und KI-Anwendungen. Aufbauend darauf ermöglichen Datenräume einen dezentralen und zugleich sicheren Datenaustausch zwischen verschiedenen Verwaltungseinheiten und externen Akteuren. Sie beruhen auf gemeinsamen technischen Standards, definieren Zugriffsrechte und sichern Datensouveränität sowie Nachvollziehbarkeit der Nutzung. Damit schaffen sie die infrastrukturelle Grundlage für eine vertrauenswürdige Nutzung von Daten in der öffentlichen Verwaltung (Etscheid et al., 2020, S. 20f).

Erst wenn diese technischen Voraussetzungen erfüllt sind – also leistungsfähige IT-Infrastrukturen, interoperable Datenplattformen und rechtssichere Datenräume bestehen – kann KI ihr Potenzial in der Verwaltung entfalten. Die Gestaltung dieser digitalen Basis bestimmt zugleich, in welchem Maße der Einsatz von KI effizient, transparent und verantwortungsvoll erfolgen kann. Auf dieser technischen Grundlage baut der folgende Abschnitt auf, der die organisatorischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen – insbesondere Governance, Regulierung und Akzeptanz – als weitere Voraussetzungen für den KI-Einsatz behandelt.

2.3 Institutionelle Einbettung und Governance von KI

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung setzt neben technischen Infrastrukturen auch klare organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen voraus. Verwaltungshandeln unterliegt dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und ist an Normen wie Transparenz, Gleichbehandlung und Nachvollziehbarkeit gebunden. Daher muss der Einsatz von KI-Systemen in bestehende Verwaltungsprozesse so eingebettet werden, dass diese Grundprinzipien gewahrt bleiben. KI ist dabei nicht als autonomer Akteur, sondern als Werkzeug zur Unterstützung menschlicher Entscheidungen zu verstehen, das der behördlichen Verantwortung und Kontrolle unterliegt (Djeffal, 2018, S. 15f; Hill, 2018, S. 290).

Ein zentrales Element der Governance von KI ist die institutionelle Steuerung und Kontrolle ihres Einsatzes. Führungskräfte in Behörden tragen die Verantwortung dafür, dass technologische Lösungen zweckmäßig, rechtssicher und ethisch vertretbar implementiert werden. Dazu gehört insbesondere die Prüfung, in welchen Verfahren der Einsatz von KI tatsächlich einen Mehrwert bietet und welche Grenzen durch Datenschutz, Gleichbehandlungsgrundsatz oder Ermessensentscheidungen bestehen. Leitlinien und ethische Kodizes können hier Orientierung geben, ersetzen jedoch nicht die fallbezogene Abwägung im konkreten Verwaltungskontext (Hill, 2018, S. 292).

Neben rechtlicher und organisatorischer Steuerung ist die Akzeptanz innerhalb der Verwaltung ein entscheidender Erfolgsfaktor. Die Einführung von KI verändert Arbeitsabläufe, Entscheidungsstrukturen und Kompetenzanforderungen. Ein großer Teil des verwaltungsspezifischen Wissens über Abläufe, Zuständigkeiten und Entscheidungslogiken ist implizit und an die Erfahrung der Beschäftigten gebunden. Damit dieses Wissen erhalten bleibt und in die Entwicklung von KI-Systemen einfließt, müssen Mitarbeitende aktiv in Gestaltungsprozesse einbezogen werden. Gleichzeitig sind umfassende Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen erforderlich, um den sicheren und souveränen Umgang mit neuen Technologien zu fördern (Djeffal, 2018, S. 16; Hill, 2018, S. 291; Etscheid et al., 2020, S. 51). Ziel einer verantwortungsvollen KI-Governance ist es, technologische und organisatorische Kompetenz schrittweise innerhalb der Verwaltung aufzubauen, um Abhängigkeiten von externen Anbietern zu vermeiden. Nur wenn Verwaltung und Technologieentwicklung gemeinsam Wissen generieren, kann ein rechtssicherer, transparenter und gesellschaftlich akzeptierter Einsatz von Künstlicher Intelligenz gelingen. Die Governance von KI ist somit als kontinuierlicher Lern- und Anpassungsprozess zu verstehen, der rechtliche, organisatorische und kulturelle Dimensionen miteinander verbindet (Hill, 2018, S. 291f; Etscheid et al., 2020, S. 51).

3. Anwendungsbereiche der KI in der öffentlichen Verwaltung

Nachdem im vorhergehenden Kapitel die begrifflichen Grundlagen sowie die technischen und institutionellen Voraussetzungen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung dargestellt wurden, soll nun der Blick auf die konkreten Anwendungsfelder gerichtet werden. Da die wissenschaftliche Literatur keine einheitliche Systematik zur Kategorisierung der Einsatzfelder vorgibt, bietet sich eine strukturierende Einteilung nach dem Handlungsfokus der Verwaltung an. In dieser Arbeit wird daher zwischen Anwendungsfeldern im Bürgerservice (Tz. 3.1) und Anwendungsfeldern in den internen Verwaltungsprozessen (Tz. 3.2) unterschieden. Im Folgenden werden diese beiden Hauptbereiche systematisch dargestellt und anhand der einschlägigen Forschungsliteratur erläutert.

3.1 Bürgerservice

Die Interaktion zwischen Verwaltung und Bürgerinnen bzw. Bürgern bildet einen zentralen Ansatzpunkt der digitalen Verwaltungsmodernisierung. Verbesserungen in diesem Bereich sind unmittelbar erlebbar und stärken das Vertrauen in staatliche Institutionen. Ein digitaler Zugang zur Verwaltung gilt als sichtbarer Ausdruck moderner, serviceorientierter Staatlichkeit und erhöht zugleich die Legitimation öffentlicher Investitionen in Digitalisierungsprojekte. Das Leitmotiv der Bürgerorientierung überträgt Prinzipien der Kundenorientierung aus der Privatwirtschaft auf den öffentlichen Sektor. Ziel ist es, Verwaltungsleistungen konsequent an den Bedürfnissen der Bevölkerung auszurichten und den Zugang zu Informationen und Services orts- und zeitunabhängig zu gestalten. In der Praxis erfüllen viele Verwaltungsportale bislang jedoch überwiegend Informationsfunktionen, während interaktive und personalisierte Angebote selten sind. Hier setzt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz an. Sie kann Kommunikations- und Auskunftsprozesse automatisiert unterstützen und damit die Interaktion zwischen Bürgern und Verwaltung erleichtern. KI-basierte Systeme beantworten häufige Anfragen, schlagen passende Dienstleistungen vor oder übernehmen einfache Transaktionen eigenständig. Dadurch verändert sich die Rolle der Verwaltung: Routinetätigkeiten werden technologische Systeme übernehmen können, während Mitarbeitende sich verstärkt auf beratende und fallbezogene Aufgaben konzentrieren (Etscheid et al., 2020, S. 22; Möltgen & Lorig, 2009, S. 225 ff; Derungs & Wellinger, 2023, S. 43).

Im Folgenden werden zentrale Anwendungsformen des KI-Einsatzes im Bürgerservice vorgestellt. Diese lassen sich in zwei Gruppen einteilen: kommunikationsorientierte Anwendungen, die auf den direkten Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern abzielen (Chatbots, Sprachassistenten und Service-Roboter), sowie transaktionsorientierte Anwendungen, die den Zugang und die Nutzung von Verwaltungsleistungen unterstützen (digitale Identität und Antragsassistenz) (Heine et al., 2023, S. 4; Derungs & Wellinger, 2023, S. 43).

Abbildung 1 Anwendungsbereiche im Bürgerservice

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(Eigene Darstellung)

3.1.1 Chatbots und persönliche Sprachassistenten

Sprachassistenten und Chatbots dienen als Schnittstellen für natürliche Mensch-Maschine-Interaktion und grenzen sich von Telefonleitsystemen oder klickbasierten Menüführungen ab, weil sie Eingaben in natürlicher Sprache verstehen und verarbeiten. Chatbots lassen sich in zwei Typen unterscheiden: regelbasierte Systeme, die auf vordefinierte Stichwörter reagieren, und lernende Systeme, die mithilfe von Ontologien, Thesauri und Verfahren des maschinellen Lernens kontextbezogene und qualitativ hochwertige Antworten erzeugen. Lernfähige Chatbots passen den Dialog dynamisch an den Nutzerkontext an und steigern damit den Mehrwert, während einfache, regelbasierte Systeme häufig begrenzt bleiben. Im Verwaltungskontext werden Chatbots derzeit vor allem zur Informationsvermittlung eingesetzt, etwa zu Verfahren, Fristen oder Formularen. Persönliche Sprachassistenten bilden eine sprachzentrierte Weiterentwicklung und sind häufig in Smartphones oder smarte Lautsprecher integriert und nutzen im Hintergrund erweiterbare KI-Dienste. Ihre intuitive Bedienbarkeit eröffnet insbesondere für barrierefreie Verwaltungsangebote großes Potenzial (Heine et al., 2022, S. 1–4; Etscheid et al., 2020, S. 23 f; Hill, 2018, S. 289 f; Derungs & Wellinger, 2023, S. 43 f)

3.1.2 Service-Roboter

Während Chatbots und Sprachassistenten den digitalen Dialog unterstützen, erweitern Service-Roboter diesen Ansatz um eine physische Dimension. Sie agieren im direkten Kontaktbereich zwischen Verwaltung und Bürgerinnen bzw. Bürgern und übernehmen einfache Interaktions- oder Orientierungsaufgaben. Ausgestattet mit Sprach- und Bilderkennungsfunktionen können Service-Roboter Anfragen verstehen, Informationen bereitstellen und Besucher zu den zuständigen Stellen leiten. Ihre Funktion ähnelt der einer digitalen Rezeption: Sie geben Orientierung, prüfen bei Bedarf Unterlagen und können Wartezeiten oder Abläufe koordinieren. Technisch handelt es sich um KI-basierte Interaktionssysteme, die Chatbots um sensorische und motorische Komponenten erweitern. Durch ihre Integration in Empfangs- oder Servicebereiche können sie den Ablauf vor Ort unterstützen, Informationen vorerfassen und Mitarbeitende im Publikumsverkehr entlasten. Der persönliche Kontakt bleibt dabei bestehen, wird jedoch durch technologische Unterstützung ergänzt. Service-Roboter verdeutlichen damit, wie KI in physischer Form zu einer modernen, reaktionsfähigen Verwaltung beitragen kann (Etscheid et al., 2020, S. 24 f; Derungs & Wellinger, 2023, S. 43 f; Heine et al., 2023, S. 4).

3.1.3 Digitale Identität und Zugangslösungen

Ein zentraler Erfolgsfaktor digitaler Verwaltungsangebote ist ein einheitlicher und sicherer Zugang. Aktuell sind viele Systeme durch unterschiedliche Registrierungs- und Authentifizierungsverfahren geprägt, was die Nutzung erschwert und die Zahl aktiver Nutzerinnen und Nutzer begrenzt. Eine übergreifende, datenschutzkonforme digitale Identität, die verschiedene Verwaltungsverfahren abdeckt, befindet sich in Deutschland noch im Aufbau. Ziel ist es, die wiederholte Eingabe gleicher Daten zu vermeiden und stattdessen eine einheitliche Identität bereitzustellen, über die Bürgerinnen und Bürger mit einer Anmeldung auf alle relevanten Leistungen zugreifen können. Mit Zustimmung der Nutzenden könnten personenbezogene Daten künftig einmalig hinterlegt und für unterschiedliche Verfahren automatisiert bereitgestellt werden. Dadurch ließe sich der Aufwand für Identifikation und Datenpflege deutlich reduzieren, während zugleich Datenqualität und Sicherheit steigen würden. KI kann diesen Prozess unterstützen, indem sie Identitätsdaten validiert, Mehrfachregistrierungen erkennt und Authentifizierungsverfahren an Nutzungskontexte anpasst. Damit bildet die digitale Identität die technische Grundlage für eine medienbruchfreie, vernetzte Verwaltungsinteraktion (Etscheid et al., 2020, S. 25; Heine et al., 2023, S. 4).

3.1.4 Intelligente Assistenz und Antragsunterstützung

Ein großer Teil der Interaktionen zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung entfällt auf Antragsprozesse, die häufig komplex, formularbasiert und wenig intuitiv gestaltet sind. KI bietet hier das Potenzial, diese Verfahren zu strukturieren und nutzerorientierter zu gestalten. Durch die Verarbeitung natürlicher Sprache können Anliegen frei formuliert werden, ohne dass Antragstellende die exakten Verwaltungsbegriffe kennen müssen. Das System erkennt relevante Informationen, überträgt sie automatisiert in digitale Formulare und prüft die Eingaben auf Vollständigkeit und Plausibilität. Fehlende Daten können durch gezielte Rückfragen ergänzt werden. Darüber hinaus ermöglichen KI-Systeme eine proaktive Unterstützung: Auf Grundlage vorhandener Informationen lassen sich passende Leistungen, Fördermöglichkeiten oder Fristen identifizieren und Vorschläge anzeigen. So wird die Antragstellung nicht nur vereinfacht, sondern auch stärker auf individuelle Lebenssituationen abgestimmt. Für die Verwaltung entsteht dadurch eine strukturierte Datenbasis, die die Bearbeitung beschleunigt und Medienbrüche reduziert. Die Verantwortung für die inhaltliche Prüfung bleibt dabei beim Menschen. Insgesamt fördern intelligente Assistenzsysteme eine transparente und nachvollziehbare Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltung (Etscheid et al., 2020, S. 26; Hill, 2018, S. 288).

3.2 Interne Verwaltung

Nachdem im vorherigen Abschnitt Anwendungen von Künstlicher Intelligenz vorgestellt wurden, die auf die direkte Interaktion mit Bürgerinnen und Bürgern ausgerichtet sind, richtet sich der Blick nun auf den internen Verwaltungsbereich.

In großen Organisationen steigt mit der Zahl an Aufgaben und Zuständigkeiten auch der Aufwand für interne Abläufe, die der eigentlichen Leistungserbringung vor- oder nachgelagert sind. Diese Prozesse erzeugen zwar keinen unmittelbaren Mehrwert nach außen, bilden jedoch die Grundlage für ein rechtskonformes und funktionierendes Verwaltungshandeln. Gerade in der öffentlichen Verwaltung, die ein breites Spektrum an Themen und Fachaufgaben abdeckt, beanspruchen solche Tätigkeiten erhebliche personelle und zeitliche Ressourcen. Vor diesem Hintergrund gewinnt der Einsatz digitaler Technologien, insbesondere von Künstlicher Intelligenz, an Bedeutung. Ziel ist es, wiederkehrende und standardisierbare Aufgaben zu unterstützen, zu strukturieren oder – wo rechtlich möglich – zu automatisieren. Neben der Prozessautomatisierung findet KI Anwendung in der Datenanalyse, im Wissensmanagement, bei der Text- und Formulierungshilfe sowie in robotischen Systemen zur Zustandsdiagnose. Diese Ansätze sollen interne Abläufe vereinfachen, Entscheidungsgrundlagen verbessern und Beschäftigte bei der Bearbeitung komplexer Aufgaben entlasten (Etscheid et al., 2020, S. 28; Hill, 2018, S. 291; Heine et al., 2023, S. 3 f).

Abbildung 2 Anwendungsbereiche in der internen Verwaltung

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(Eigene Darstellung)

3.2.1 Datenanalyse

Datenanalyse soll Entscheidungen in der Verwaltung fundieren, indem sie umfangreiche Informationsbestände systematisch strukturiert, Zusammenhänge sichtbar macht, Hypothesen prüft und Anomalien erkennt. Künstliche Intelligenz erweitert klassische Analyseansätze, weil lernende Modelle heterogene Quellen verknüpfen, verborgene Muster erkennen und Ergebnisse verdichten. Durch automatisierte Aufbereitung sowie die kompakte Darstellung der Resultate werden große Datenmengen nutzbar gemacht und die Bewertung komplexer Sachverhalte datenfundierter gestaltet (Heine et al., 2023, S. 3 f; Mergel, 2018, S. 76; Microsoft, 2023).

Die zugrunde liegende Datenbasis liegt vor allem in administrativ erzeugten Beständen wie Registern, Meldesystemen und amtlichen Erhebungen. Diese standardisierten Datensätze enthalten demografische und sozioökonomische Merkmale und eignen sich zur Analyse von Entwicklungen und Mustern in unterschiedlichen Verwaltungsbereichen. Ergänzend fallen strukturierte und unstrukturierte Daten in hoher Frequenz an. In der Kombination entsteht ein Informationsfundament, das KIgestützte Analysen wirksam macht und die Ableitung tragfähiger Handlungsempfehlungen ermöglicht. So werden Informationsbestände effizient erschlossen und konsistent für operative Entscheidungen sowie strategische Steuerungszwecke bereitgestellt (Mergel, 2018, S. 76; Heine et al., 2023, S. 3 f; Microsoft, 2023).

3.2.2 Automatisierung von Entscheidungsprozessen

Die Automatisierung von Verwaltungsentscheidungen stellt einen zentralen Entwicklungsschritt im Einsatz von Künstlicher Intelligenz dar. Sie dient dazu, standardisierte Verfahren zu beschleunigen und die Bearbeitung wiederkehrender Fälle zu vereinheitlichen – insbesondere dort, wo klare rechtliche Tatbestände und eindeutige Entscheidungsregeln bestehen. Einfache Formen der Automatisierung beruhen auf regelbasierten Systemen, die Entscheidungen anhand vordefinierter WennDann-Bedingungen treffen. Diese lassen sich transparent abbilden und werden bereits in Prüf- und Genehmigungsverfahren eingesetzt. Komplexer sind lernende Systeme, die anhand früherer Entscheidungen Muster ableiten und daraus Vorschläge für vergleichbare Fälle generieren. KI-gestützte Risikomanagementsysteme können Vorgänge automatisiert bewerten und selektieren, indem sie unauffällige Fälle freigeben und potenziell risikobehaftete zur weiteren Prüfung kennzeichnen. Dadurch werden personelle Ressourcen gezielter eingesetzt und Bearbeitungszeiten verkürzt. Der angestrebte Nutzen liegt in konsistenteren Entscheidungen und einer Verringerung subjektiver Verzerrungen. Gleichwohl bleibt die vollständige Automatisierung rechtlich und ethisch umstritten, da Transparenz, Kontrolle und Verantwortlichkeit stets gewährleistet sein müssen. Den höchsten Grad erreichen autonome Systeme, die innerhalb klarer Parameter ganze Prozesse eigenständig steuern. Solche Ansätze befinden sich bislang überwiegend im Pilotstadium, da Fragen der Nachvollziehbarkeit und Aufsicht noch offen sind (Thapa & Parycek, 2018, S. 61–63; Etscheid et al., 2020, S. 28– 30). Unabhängig vom Automatisierungsgrad gilt: Systeme müssen regelmäßig überprüft und angepasst werden. Zudem sollten föderale und kommunale Gestaltungsspielräume gewahrt bleiben, um Eigenverantwortung und Kontrolle der Verwaltung sicherzustellen (Hill, 2018, S. 292–293; Djeffal, 2018, S. 19–21).

3.2.3 Entscheidungsunterstützung

Künstliche Intelligenz kann auch ohne Automatisierung einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung administrativer Entscheidungsprozesse leisten. Ziel ist eine datenbasierte, evidenzorientierte Entscheidungsfindung, bei der Mensch und Maschine komplementär zusammenwirken: Die KI übernimmt die Analyse großer Datenbestände und erkennt Muster, während die abschließende Bewertung in menschlicher Verantwortung verbleibt. Zentrale Instrumente dieser Systeme sind Dashboards und Analyse-Cockpits, die Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführen und visuell aufbereiten. Dadurch lassen sich Entwicklungen verfolgen, Szenarien simulieren und Handlungsoptionen vergleichend bewerten. KI-basierte Vorschlags- und Bewertungssysteme schaffen somit eine strukturierte Informationsgrundlage für strategische Entscheidungen. Ergänzend ermöglichen prognostische Anwendungen – etwa in der Einsatzplanung oder Wartung – eine vorausschauende Steuerung von Ressourcen. Trotz dieser Potenziale müssen Ermessensentscheidungen beim Menschen verbleiben, da sie rechtliche und gesellschaftliche Bewertungen erfordern. Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Qualitätssicherung sind daher unverzichtbare Voraussetzungen für den Einsatz solcher Systeme (Etscheid et al., 2020, S. 33–35; Mergel, 2018, S. 80 ff; Hill, 2018, S. 291– 293; Heine et al., 2023, S. 3 f).

3.2.4 Wissensmanagement

Der Zugriff auf interne Informationen, Vorschriften oder Prozessbeschreibungen gestaltet sich häufig komplex und zeitaufwändig. KI-gestützte Such- und Dialogsysteme können Abhilfe schaffen, indem sie eine intuitive Interaktion mit Intranets und Wissensdatenbanken ermöglichen. Mitarbeitende können Informationen in natürlicher Sprache abfragen und erhalten präzise, kontextbezogene Antworten. Diese automatisierte Informationsbereitstellung erleichtert insbesondere die Einarbeitung neuer Beschäftigter und fördert die bereichsübergreifende Zusammenarbeit. Informationen, die bislang in getrennten organisatorischen Einheiten gespeichert waren, werden leichter auffindbar und gemeinsam nutzbar. Zugleich verringert sich der Aufwand für Routineaufgaben, da relevante Dokumente oder Anweisungen schneller identifiziert werden können. Langfristig stärkt ein solches Wissensmanagement den institutionellen Wissenstransfer und reduziert Informationsverluste. Dadurch verbessern sich Abstimmung, Transparenz und Produktivität innerhalb der Verwaltung (Riedel, 2018, S. 39–41; Microsoft, 2023).

3.2.5 Text- und Formulierungshilfe

Textgenerierende Systeme eröffnen der Verwaltung vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Sie können sowohl die interne Kommunikation als auch den formellen Schriftverkehr unterstützen, indem sie Textentwürfe, Zusammenfassungen oder Redebeiträge auf Basis kurzer Eingaben erstellen. Darüber hinaus lassen sich komplexe Dokumente wie Anträge, Anhörungen oder Gutachten durch generative KI analysieren und strukturiert aufbereiten. Diese Werkzeuge dienen nicht der automatischen Veröffentlichung, sondern als kreative und strukturierende Unterstützung im Schreibprozess. Sie

helfen, Routineaufgaben zu beschleunigen und Schreibprozesse zu vereinfachen, während die fachliche und rechtliche Kontrolle weiterhin beim Menschen verbleibt. So trägt die Formulierungsunterstützung durch generative KI dazu bei, die Textarbeit in der Verwaltung präziser, konsistenter und ressourcenschonender zu gestalten (Schröder, 2025, S. 230 f; Microsoft, 2023).

3.2.6 Diagnose-Roboter

Ein weiteres Anwendungsfeld betrifft KI-gestützte Diagnose-Roboter, die Zustände von Objekten, Infrastrukturen oder Umgebungen eigenständig erfassen und analysieren. Sie kombinieren sensorische Technologien, bildgebende Verfahren und datenbasierte Auswertungen, um Veränderungen oder Risiken zu erkennen. Ihr Einsatz eignet sich besonders in Bereichen, die eine kontinuierliche Zustandsüberwachung erfordern oder für Menschen schwer zugänglich sind. Durch automatisierte Datenerhebung und KI-gestützte Interpretation können Schäden oder Störungen frühzeitig erkannt und präventive Maßnahmen eingeleitet werden. Diagnose-Roboter verdeutlichen damit die Verbindung von datenverarbeitenden und physisch agierenden KI-Systemen, die Sicherheit, Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit von Infrastrukturen unterstützen (Heine et al., 2023, S. 3 f).

3.3 Kurze Einordnung der Anwendungsbereiche

Die dargestellten Anwendungsfelder verdeutlichen, dass sich der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung in zwei komplementären Dimensionen entfaltet. Im Bürgerservice liegt der Schwerpunkt auf der Vereinfachung der Interaktion zwischen Verwaltung und Bevölkerung. KISysteme übernehmen hier vor allem strukturierende und vermittelnde Funktionen: Sie automatisieren Kommunikations- und Informationsprozesse, reduzieren Komplexität und schaffen barrierearme Zugänge zu Verwaltungsleistungen. Dadurch wird die Verwaltung nach außen responsiver, transparenter und serviceorientierter.

In der internen Verwaltung hingegen tritt KI als analytisches und organisatorisches Werkzeug auf. Sie dient der Aufbereitung, Verknüpfung und Bewertung großer Informationsbestände, unterstützt Routineabläufe und ermöglicht datenbasierte Entscheidungsprozesse. Lernende Systeme tragen dazu bei, Informationsflüsse zu standardisieren, Redundanzen abzubauen und die Bearbeitung fachlich komplexer Vorgänge zu strukturieren. So stärkt KI die operative Effizienz und fördert eine konsistente, wissensbasierte Verwaltungssteuerung.

In der Gesamtschau erfüllen KI-Systeme damit zwei zentrale Rollen: Nach außen agieren sie als intermediäre Schnittstellen zwischen Staat und Gesellschaft, die Kommunikation und Zugang vereinfachen. Nach innen fungieren sie als Instrumente der Analyse, Automatisierung und Wissensnutzung, die Entscheidungs- und Verwaltungsprozesse rationalisieren. Diese doppelte Wirkrichtung macht deutlich, dass der Mehrwert von KI nicht in der Ersetzung menschlicher Entscheidungen liegt, sondern in deren Ergänzung durch datengetriebene Unterstützungssysteme. Diese Einordnung bildet die Grundlage für die folgende Betrachtung des Forschungsstandes.

4. Forschungsstand und Evidenzlücken

Der Wissenschaft kommt im Kontext der digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung eine zentrale Orientierungsfunktion zu. Während sich die Forschung bislang überwiegend mit theoretischen und technischen Grundlagen sowie mit Anwendungen von Künstlicher Intelligenz in der Privatwirtschaft befasst hat, ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung – insbesondere im deutschen Kontext – noch vergleichsweise gering ausgeprägt. Zwar liegen einzelne fundierte Beiträge vor, doch bleibt das Forschungsfeld insgesamt fragmentiert. Die vorhandene Literatur konzentriert sich meist auf konzeptionelle oder sektorspezifische Analysen, während systematische, empirisch gestützte und vergleichende Untersuchungen zu Anwendungsfeldern bisher selten sind.

Häufig stehen dabei Teilaspekte im Vordergrund, etwa rechtliche Fragen wie Datenschutz und Haftung, ethische Implikationen oder der Einsatz von KI in einzelnen Verwaltungsdomänen wie Revision, Bildung oder Verkehr. Eine übergreifende, integrative Betrachtung der Wirkungszusammenhänge innerhalb der Verwaltung fehlt hingegen weitgehend.

Als zentrale Referenzen gelten die Arbeiten von Etscheid und von Lucke (2020) sowie Heine et al. (2023), die erstmals eine strukturierte Systematisierung von Anwendungsfeldern und Einsatzszenarien vorgenommen haben. Diese Beiträge schaffen eine konzeptionelle Grundlage für die Einordnung der vielfältigen Potenziale von KI in der Verwaltung und markieren damit einen wesentlichen Ausgangspunkt für die weitere Forschung. Insgesamt zeigt der aktuelle Forschungsstand, dass das Wissen über Möglichkeiten und Strukturen des KI-Einsatzes vorhanden ist, die praktische Umsetzung in der Verwaltungsrealität jedoch noch deutlich hinter den theoretischen Erkenntnissen zurückbleibt.

5. Schlussfolgerung

Ausgehend vom Reformdruck durch demografischen Wandel, knappe Ressourcen und Fachkräftemangel zeigt die Analyse, dass Künstliche Intelligenz die Leistungsfähigkeit der Verwaltung erhöhen kann, ohne menschliche Verantwortung zu ersetzen. Ziel war eine systematische Ordnung der Anwendungsfelder sowie eine Orientierung für investitionsrelevante Entscheidungen. Der Kern liegt in der Unterscheidung zwischen bürgernahen und internen Einsatzbereichen sowie in den gemeinsamen Mustern über Anwendungsfälle hinweg. Nach außen stehen nutzerzentrierte Zugänge und strukturierte Kommunikationsprozesse im Vordergrund, nach innen datengetriebene Analyse, Standardisierung und Automatisierung in Bereichen mit klaren rechtlichen Tatbeständen. Voraussetzungen dafür sind leistungsfähige IT-Infrastrukturen, interoperable Datenplattformen und rechtssichere, vertrauenswürdige Datenräume sowie eine Governance, die Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Qualifizierung dauerhaft verankert.

Für die Einführung von KI sollte eine Priorisierung vorgenommen werden. Vorrangig sollten Aufgaben mit hohem Volumen, geringer Ermessensdichte und stabilen Entscheidungsregeln berücksichtigt werden. Ergänzend eignen sich bürgernahe Kontaktpunkte mit häufigen Standardanfragen sowie interne Funktionen wie Wissensmanagement, datenbasierte Entscheidungsunterstützung und qualitätssichernde Textarbeit. So können Bearbeitungszeiten gesenkt, Konsistenz erhöht und personelle Ressourcen auf komplexe Fälle konzentriert werden. Da belastbare Wirkungsnachweise im deutschen Verwaltungskontext noch begrenzt sind, sollte ein schrittweises Vorgehen mit klar definierten Anwendungsfällen, überprüfbaren Qualitätskriterien und begleitender Evaluation gewählt werden. Auf dieser Basis kann KI gezielt dort eingesetzt werden, wo sie den größten Beitrag zur Modernisierung leistet und die intendierte Orientierung für Entscheidungen praktisch wirksam wird.

Die Einführung und der Ausbau von KI müssen dabei ganzheitlich gedacht werden. Neben Investitionen in KI selbst sind leistungsfähige IT-Infrastrukturen, interoperable Datenplattformen, rechtssichere Datenräume sowie eine rechtliche und organisatorische Steuerung und die Förderung von Akzeptanz innerhalb der Verwaltung entscheidend. Da KI Arbeitsabläufe, Entscheidungsstrukturen und Kompetenzanforderungen verändert, sollten Mitarbeitende aktiv in Gestaltungsprozesse einbezogen werden, um den Wandel nachhaltig voranzutreiben.

KI wird nicht alle Herausforderungen der öffentlichen Verwaltung lösen können, doch sie kann zu einem entscheidenden Pfeiler ihrer Zukunftsfähigkeit werden. Damit dieser Wandel gelingt, braucht es Mut, neue Technologien verantwortungsvoll zu erproben, Klarheit in rechtlichen, organisatorischen und ethischen Fragen sowie Verlässlichkeit gegenüber den Mitarbeitenden und Bürgerinnen und Bürgern, die den Erfolg dieser Transformation letztlich tragen. KI ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, das – richtig eingesetzt – die Verwaltung nicht ersetzt, sondern stärkt.

Literaturverzeichnis

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  3. Ertel, W. (2025). Grundkurs Künstliche Intelligenz (6. Aufl.). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-44955-1_1
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